Die bunte Welt der Rasensamen bietet viele Möglichkeiten. Denn die verschiedenen Gräser verkörpern unterschiedliche Eigenschaften, die dann in einer ausgewogenen Mischung zu einem besonderen Zweck vereint werden. Ganz grob wird dabei vor allem zwischen zwei Nutzungszwecken unterschieden.
Rasen wird oft dort angelegt, wo gespielt und Sport getrieben wird. Dies ist oftmals in Hausgärten der Fall, in denen Kinder oder vierbeinige Freunde des Menschen sich gern austoben und der Rasen diesen Belastungen standhalten soll. Aber auch auf Sportplätzen, Spielplätzen und teils auch öffentlichen Flächen steht vor allem die Belastbarkeit der Rasenfläche im Vordergrund.
Sind die Kinder dann aber groß geworden, entscheidet sich der eine oder andere Hauseigentümer dann dazu, einen Zierrasen anstatt eines Spielrasens anzulegen. Der ist zwar weniger robust und strapazierfähig, bietet dafür aber ein satteres Grün und einen dichteren Wuchs und lässt den Garten so besonders erstrahlen.
Die besonderen Ansprüche an einen Golfrasen
Doch an kaum einem anderen Ort verwischen die Grenze dieser beiden Nutzungszwecke so sehr wie auf einem Golfplatz. Die Rasenflächen hier gelten für viele als der Inbegriff eines perfekten Grüns. Dabei ist der Grund hierfür aber nicht nur, dass die Golfer sich aus ästhetischen Gründen gern mit einem perfekten Rasen umgeben.
Ein makelloser Untergrund ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass sie ihren Sport überhaupt ausüben können. Denn ist der Rasen nicht perfekt, dann hüpft der Ball, kommt vom Kurs ab und der Reiz des Sportes geht verloren. Schließlich sollen Präzision und Geschicklichkeit das Spiel entscheiden und nicht der Untergrund. Denn hier wird vor allem Sport getrieben. Beim Schlagen des Golfballes kommt es unweigerlich immer wieder zu kleinen Verletzungen des Rasens. Außerdem ist die Belastung durch die Golfer, die hier von Loch zu Loch spazieren, eigentlich zu hoch für einen reinen Zierrasen.
Auf einem Golfplatz wird also nicht nur feinstes Fingerspitzengefühl beim Golfspielen erfordert, sondern auch beim Anlegen und bei der Pflege der Anlage. Doch worin liegt das Geheimnis, um diese Balance zwischen Ästhetik und Strapazierfähigkeit herzustellen?
Ein Grundrezept gibt es nicht, dafür aber verschiedene Lösungen
Zunächst einmal muss man sich einen Golfplatz genauer ansehen. Denn im Gegensatz zum Fußballfeld ist dies keine gleichmäßige homogene Fläche, die überall gleich beansprucht wird. Ein Golfplatz besteht vielmehr aus unterschiedlichen Abschnitten, die jeweils ganz anderen Ansprüchen gerecht werden müssen.
Einen ganz wichtigen Anhaltspunkt bietet die Forschungsgesellschaft für Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau. Diese unabhängige Gesellschaft veröffentlicht jährlich eine Liste mit Vorschlägen zur Begrünung der verschiedenen Flächen. Diese werden als Rasen-Saatgut-Mischungen (RSM) vorgestellt und orientieren sich sowohl an der langjährigen Erfahrung der Gesellschaft als auch an den neuen Erkenntnissen der Forschung.
Hier wird für jeden Abschnitt des Golfplatzes eine geeignete Mischung vorgestellt. Aber spielen wir doch einfach mal ein Loch!
Der Abschlag – weit und kräftig
Wir beginnen natürlich am Abschlag. Wir brauchen einen sicheren Stand, um den Golfball präzise und weit spielen zu können. Die Spikes unserer Schuhe bohren sich leicht in den Boden. Wir konzentrieren uns, holen aus und mit einem kräftigen Schlag befördern wir den Ball Richtung Loch. Dabei entsteht für kurze Zeit eine hohe Belastung und da wir noch nicht so geübt sind im Sport, fliegt unserem Ball auch ein kleines Stück Grasnarbe hinterher. Jetzt müssen wir uns aber beeilen, denn der Nächste möchte abschlagen.
Der Bereich um den Abschlag muss also sehr belastbar sein. Zwar ist die Fläche rund um den Abschlag nicht groß, dieser kleine Fleck sollte aber sehr gut in Schuss sein und außerdem sehr kurz geschnitten. Deshalb kommen hier die Klassiker der Rasensamen in Deutschland zum Einsatz und das in einer nahezu ausgewogenen Mischung. 30 % Deutsches Weidelgras (Lolium perenne), 30 % Wiesen-Rispengras (Poa pratensis) und 40 % Rot-Schwingel (Festuca) wird hier in der RSM 4.3 empfohlen, die extra für den Abschlag entwickelt wurde.
Das Fairway – hier muss jeder lang
Unser Ball ist auf der Spielbahn liegen geblieben, auch Fairway genannt. Gar kein schlechter Schlag, aber nun müssen wir dem Ball hinterherlaufen. Wir all die Golfer vor uns nehmen wir den kürzesten Weg. Es ist schon ein leichter Trampelpfad zu erkennen. Als wir ankommen, positionieren wir uns, holen aus und mit etwas weniger Gewalt und etwas mehr Präzision schlagen wir den Ball weiter.
Die Zusammenstellung der Gräser (RSM 4.4), über die wir laufen, ist gar nicht so anders wie am Abschlag. Auch hier wachsen vor allem die drei großen, Lolium perenne, Poa pratensis und Festuca, in einer recht ausgewogenen Mischung. Allerdings wird das Fairway auch von Bäumen umgeben und liegt an einer Stelle sehr nah an einem See. Der Rest liegt in der prallen Sonne.
Deshalb werden kleinere Mengen besonderer Gräser beigemischt, die die besonderen Bedingungen gut aushalten. In feuchteren Lagen wird der Mischung etwas Agrostis capillaris beigemengt. Bei sehr trockenen Flächen verzichtet man auf das Deutsche Weidelgras und sät dafür lieber einen größeren Anteil des Wiesen-Rispengrases.
Das Semi-Rough – eine Herausforderung
Der letzte Schlag war leider nicht so gut. Er landet neben dem Fairway im Semi-Rough. Auch wenn jeder Golfer versucht, diesen Spielbereich zu meiden, landet der Ball doch auch immer wieder hier. Hier steht das Gras etwas höher. Strafe muss eben sein!
Dabei ist es hier doch eigentlich schöner. Denn schließlich besteht die Rasenmischung für diesen Abschnitt (RSM 4.5) vor allem aus Rot-Schwingel und dieser gilt rund um das Haus immerhin als Zierrasen! Je nach Lage können Deutsches Weidelgras und Wiesen-Rispengras beigemischt werden zur Festigung der Rasenfläche. Grundsätzlich wird hier aber vor allem Rot-Schwingel gesät.
Wir versuchen es mit einem Chip, um uns aus dem Semi-Rough zu befreien. Tiger Woods wäre neidisch geworden, denn der Ball fliegt in die Höhe und kommt erst im Green wieder auf und bleibt dort liegen.
Das Green – jetzt geht es um alles
Wir nehmen die Flagge aus dem Loch, denn es ist nun auch so schon sichtbar. Wir lesen das Green, die kleinen Unebenheiten und Gefälle. Hier gibt es viel zu beachten, nur stoppeliges Gras, Grasbüschel oder Löcher in der Grasnarbe sollten nicht dazu gehören.
Für das Green braucht man einen sehr guten Untergrund (RSM 4.1). Denn hier wird geputtet, das heißt, der Ball wird direkt über die Grasnarbe gespielt, also sollte diese perfekt sein. Sie ahnen es schon, dass auch hier bei der Rasensamen-Mischung vor allem Rot-Schwingel zum Einsatz kommt.
Dabei wird vor allem, je nach Lage, mit verschiedenen Sorten des Rot-Schwingels gearbeitet, besonders Horstrotschwingel (Festuca rubra commutata) und Rotschwingel mit kurzen Ausläufern (Festuca rubra trichophylla) kommen zum Einsatz. Bei besonders hohem Pflegebedarf kann auch zu 100 % Flechtstraßgras (Agrostis stolonifera) gesät werden. Denn dieses Gras verträgt sowohl eine gewisse Belastung als auch einen sehr tiefen Schnitt (bis zu 0,5 cm). Dadurch bietet es natürlich einen perfekten Teppich rund um das Loch.
Golfrasen – ein Balanceakt
Noch einmal konzentrieren wir uns. Nicht mal mehr ein Vogel wagt es nun zu zwitschern. Wir treffen den Ball, ruhig läuft er über das Green, die Bahn haben wir genau berechnet und so fällt der Ball schließlich mit einem wohlklingenden ‚Tock‘ in das Loch. Ein harter Abschlag, Trampelpfade zum Loch und ein perfekter Rasenteppich.
Ein Golfplatz ist eine sehr abwechslungsreiche Fläche, bei der jeder Abschnitt perfekt auf die Nutzung abgestimmt werden sollte. Nur bei der richtigen Abstimmung der Gräser und einer sehr aufwendigen Pflege entsteht ein Golfplatz, auf dem am Ende Geschick und Präzision der Spieler das Spiel entscheiden.